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Mordfall „Hinterkaifeck“ und seine Andachtsstätte

Ein grausamer Mordfall, über den sich seit Jahrzehnten Mythen und Theorien ranken

„Gottloser Mörderhand fiel am 31. März 1922 die Familie Gabriel-Gruber von hier zum Opfer“.

Diese Inschrift ziert ein Marterl (Bildstock) ganz in der Nähe des Tatorts, welches zum Gedenken an eines der schrecklichsten und aufsehenerregendsten Verbrechen errichtet wurde, das sich im Freistaat Bayern je abgespielt hat. Sechs Menschen wurden in der Nacht vom 31. März auf den 1. April 1922 auf dem Einödhof „Hinterkaifeck“ in der Nähe der oberbayerischen Gemeinde Schrobenhausen ermordet. Um diesen Mordfall ranken sich seit vielen Jahrzehnten unzählige Mythen und Theorien, die versuchen, das Geschehene zu rekonstruieren. Die Tat selbst bleibt jedoch bis zum heutigen Tag ungeklärt. Das Anwesen wurde ein Jahr nach der Tat abgerissen.

Die Mordopfer

In der fraglichen Nacht kamen alle sechs Bewohner des Anwesens Hinterkaifeck ums Leben. Im Detail handelte es sich hierbei um das Austragsbauernehepaar Andreas Gruber (64 Jahre) und Cäzilia Gruber (72 Jahre), deren gemeinsame Tochter Viktoria Gabriel (35 Jahre), die beiden Kinder von Viktoria – Cäzilia Gabriel (7 Jahre) und Josef Gabriel (2 Jahre). Außerdem wurde auch die auf dem Hof lebende Magd Maria Baumgartner (45 Jahre) getötet.

Der Ehemann von Viktoria Gabriel, Karl Gabriel, war im Dezember 1914 im Ersten Weltkrieg gefallen.

Die Familie Gabriel-Gruber lebte sehr zurückgezogen und galt in der Gemeinde als eigenbrötlerisch und geizig, jedoch als sehr wohlhabend. Neben erheblichem Landbesitz wird das damalige Vermögen der Familie auf 100.000 DM geschätzt.

Das Zusammenleben auf dem Hof war alles andere als idyllisch. Andreas Gruber war als extrem dominant, herrschsüchtig und jähzornig bekannt. Zudem bestand zwischen ihm und seiner Tochter Viktoria eine inzestuöse Beziehung, die von mehreren Personen bezeugt wurde, und für die auch beide im Jahr 1915 verurteilt wurden. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass Andreas Gruber sowohl Vater als auch Großvater der beiden getöteten Kinder war.
 
Die getötete Magd Maria Baumgartner kam erst an dem Abend an den Hof, an dem sich das schreckliche Verbrechen wenige Stunden später ereignen sollte. Sie hätte am darauf folgenden Tag ihren Dienst antreten sollen.

Was ist passiert?

Das genaue Tatgeschehen ließ sich niemals zweifelsfrei rekonstruieren. Man nimmt jedoch aufgrund der Auffindesituation der Leichen an, dass der Täter in dem Bereich zwischen Stall und Scheune nacheinander erst Viktoria Gabriel, danach ihre Eltern und die siebenjährige Cäzilia mit einer Reuthaue (eine Art Hacke), die dem Besitz des Andreas Gruber entstammte, den Schädel einschlug.

Anschließend betrat der Täter das Wohnhaus und ermorderte mit derselben Tatwaffe die Magd Maria Baumgartner in ihrer Kammer. Auch den zweijährigen Josef in seinem Stubenwagen verschonte er nicht.

Die Obduktion der kleinen Cäzilia Gabriel ergab zudem ein grausames Detail. Offenbar war das Mädchen noch mindestens 2 Stunden nach dem Überfall am Leben, wobei sie sich im Todeskampf büschelweise Haare ausgerissen haben soll.

Entdeckt wurden die Leichen erst am Dienstag, den 4. April, als ein Monteur auf dem Hof in Abwesenheit der Bewohner eine Futterschneidemaschine reparierte und daraufhin den Ortsvorsteher Lorenz Schlittenbauer über die gespenstische Stille auf dem Anwesen informierte. Schlittenbauer betrat darauf mit zwei anderen Männern das Anwesen und entdeckte die Toten.

Die Hauptverdächtigen

  • Lorenz Schlittenbauer: Der Ortsvorsteher gilt in vielen Quellen als der Hauptverdächtige. Sicher ist, dass er ein Verhältnis mit Viktoria Gabriel hatte und auch als Vater des kleinen Josef in Frage kam. Nach langem hin und her erkannte er zwar die Vaterschaft irgendwann an, zahlte jedoch keinen Unterhalt. Durch verdächtige Äußerungen und Handlungen gegenüber anderen Gemeindemitgliedern rückte er in den Fokus der Ermittlungen. Nachgewiesen werden konnte ihm jedoch nichts.
  • Karl Gabriel: Manche Quellen bezweifeln den Tod von Karl Gabriel und halten ihn für den Mörder von Hinterkaifeck. Sein Motiv sei es gewesen, sich an der ganzen Familie für den Inzest zwischen Andreas Gruber und seiner Frau Viktoria zu rächen. Auch wenn eine Reihe von Soldaten glaubhaft bezeugte, dass Gabriel 1914 im Schützengraben fiel, mehrten sich im Lauf der Jahre Stimmen von angeblichen Zeugen, die ihn gesehen und mit ihm gesprochen haben wollten. Die Glaubwürdigkeit dieser Zeugen wurde jedoch stark angezweifelt.

Neben diesen beiden Verdächtigen gab es eine Reihe von Anschuldigungen gegen Hausierer, entflohene Geisteskranke, ehemalige Knechte der Grubers und verschiedene bekannte Kriminelle der Gegend. In der Summe wurden über 100 Verdächtige erfasst. In keinem einzigen Fall wurde irgendjemand des Mordes an der Familie Gruber-Gabriel angeklagt.

Die Ermittlungen wurden im Jahr 1955 eingestellt. Teile der Ermittlungsakten befinden sich heute im Polizeimuseum in Ingolstadt. Dennoch bleibt dieser Fall der wohl berühmteste „Cold Case“ der Region und regt noch heute die detektivischen Fähigkeiten so mancher Hobbyspürnasen an, die sich in zahllosen Foren und Communities nach wie vor eifrig an der Tätersuche beteiligen.

Adresse

Die Andachtsstätte zu den Morden kann man sich in der Nähe des Hofs Hinterkaifeck in 86579 Waidhofen anschauen.

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