Wären sie nicht rot angemalt – man würde sie wahrscheinlich übersehen. Vielleicht könnte man sie noch für einen antiken Briefkasten oder einen überdimensionalen Hydranten aus der guten alten Zeit halten.
Tatsächlich handelt es sich bei den charaktervollen Obelisken, die im Berliner Stadtbild immer wieder auftauchen, um historische Brandmelder. Ganze 11 Stück davon sind in Berlin noch erhalten, einer befindet sich an besonders prominenter Stelle, nämlich am Schloss Bellevue.
Selbstverständlich ist es ganz und gar nicht, dass die trendige Hauptstadt diese Zeitzeugen noch in perfekt erhaltenem Zustand ihr Eigen nennen darf. Sie stammen allesamt aus den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts und wurden daher längst von zuverlässigen Brandmeldeanlagen und einem digitalen Notrufsystem abgelöst und in den wohlverdienten Ruhestand geschickt.
Sich ihrer angenommen hat sich eine gute Seele der Stadt, der eigentlich Feuerwehrmann werden wollte. Dieser Wunsch blieb ihm verwehrt, dafür darf er sich inzwischen hochoffiziell als „Engel“ bezeichnen. Doch der Reihe nach.
Historische Artefakte als Herzensprojekt
Der pensionierte Malermeister Dieter Binger wollte Zeit seines Lebens eigentlich nur eines: Feuerwehrmann werden. Zwei Versuche, sich diesen Traum zu erfüllen, scheiterten leider. Als Brillenträger galt er zu seiner Zeit als nicht geeignet für die Ausübung dieser Tätigkeit. Der Berufswunsch blieb zwar verwehrt, die Leidenschaft für alles, was mit Brandbekämpfung zu tun hatte, konnte der rüstige Rentner sich jedoch erhalten.
Mit viel Zeit und Hingabe pflegt er die letzten 11 historischen Brandmelder in Berlin. Jede Wartung nimmt mehrere Stunden Zeit in Anspruch, zum Einsatz kommen Drahtbürste und nicht geringe Mengen roter Farbe, die für den Betrachter spontane Assoziationen mit den typisch englischen Telefonzellen hervorrufen.
Rasch vorbeieilende Touristen können den Wert dieser privaten Initiative im Dienste des Denkmalschutzes gar nicht hoch genug schätzen. Sie sehen in den roten Monumenten maximal ein nettes Fotomotiv und eilen weiter zur nächsten Attraktion. Die Berliner Berufsfeuerwehr hingegen weiß, was sie an Menschen wie Dieter Binger hat.
Als Dank für seinen unermüdlichen Einsatz wurde er mit dem Ehrentitel „Engel der Großstadt“ ausgezeichnet. Als Trophäe gab es einen personalisierten Feuerwehrhelm – fast wie beim richtigen Einsatz also.
Feuermelder mit Promi-Status
Wie immer gibt es innerhalb der Gruppe einen, der aus der Menge klar hervorsticht. Unter Berlins historischen Feuermeldern ist das sicher jener am Schloss Bellevue – dem ersten Haus am Platz, der ersten Adresse in der Stadt.
Gleichzeitig wirkt er gerade an diesem Ort wie ein Mahnmal längst vergangener Zeiten. Ob es an der roten Farbe liegt, an dem deutlichen Hinweis „Berechtigt zum Melden ist, wer die Brandstelle angeben kann“ oder der deutlichen Warnung auf der Rückseite: „Missbrauch strafbar“ – historisch Interessierte kommen nicht umhin, zumindest einen Moment lang inne zu halten, um ihm kurz Respekt zu erweisen.
Adresse / Lage: Wo genau kann ich mir den Feuermelder anschauen?
Der Feuermelder steht auf dem Spreeweg, direkt mittig vor dem Schloss Bellevue, wie auf dem ersten Bild des Artikels ersichtlich.