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Die Paternoster-Aufzüge in Hamburg

Die Aufzug-Dinosaurier gibt es auch heute noch in der Hansestadt

Wo kann man in Hamburg noch Paternoster fahren? Das leise Rumpeln der Kette ist deutlich wahrzunehmen. Auf jeder vorbeiziehenden Etage ist etwas Anderes zu sehen. Doch was passiert eigentlich, wenn der Ausstieg im obersten Stockwerk nicht gelingt? Geht die Fahrt dann kopfüber weiter?

Falls ihr schon mal mit einem Paternoster gefahren seid, werden euch diese Gedanken bekannt vorkommen. Und falls nicht, erfahrt ihr nun, was es mit einem Paternoster auf sich hat und weshalb die Fahrt einen gewissen Nervenkitzel mit sich bringt. In diesem Artikel findet ihr zahlreiche Infos über die Aufzug-Dinosaurier im Allgemeinen und Infos über die noch „aktiven“ Paternoster in Hamburg.

Was genau ist ein Paternoster?

Bei einem Paternoster handelt es sich um einen Personen-Umlaufzug. Seinen Ursprung hat der Paternoster in England. Die erste dokumentierte Konstruktion stammt aus dem Jahr 1864, als im Liverpooler „Oriel Chambers“ der erste Paternoster überhaupt seine Fahrt aufnahm. 1877 wurde ein Paketaufzug mit einem ähnlichen Konzept in einem Postgebäude von London installiert.

Wurden diese Aufzüge anfangs noch für Lasten verwendet, entwickelte der Konstrukteur Peter Hart diese zu einem Umlaufaufzug für Personen. Sein 1877 abgelegtes Patent über den „Cyclic Elevator“ kam 1884 zum ersten Mal in einem Londoner Bürogebäude zum Einsatz – die „offizielle“ Geburtsstunde des Paternosters.

Mit Sicherheit hatten die Passagiere bereits damals einen gewissen Respekt vor der Fahrt. Denn wer einmal vor einem Paternoster stand, der weiß, dass es etwas Überwindung kostet, einzusteigen. Anders als bei einem modernen Fahrstuhl, halten die Kabinen nicht in der entsprechenden Etage.

Stattdessen muss der Passagier den richtigen Moment abpassen, um in eine der ständig zirkulierenden Kabinen zu steigen. Ein Schritt, der wohlüberlegt sein will. Doch was passiert eigentlich, wenn man es nicht rechtzeitig heraus schafft? Fährt der Paternoster irgendwann kopfüber?

Wie funktioniert ein Paternoster? Was passiert, wenn man nicht aussteigt?

Paternoster Animation Funktionsweise
Bild: RokerHRO, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Die Sorge, dass, wenn man nicht rechtzeitig aussteigt, man aus dem Paternoster herausfällt, hält sich bis heute hartnäckig. Nun könnt ihr entweder einmal mit einem Paternoster mitfahren und es ausprobieren. Oder wir erklären euch nachfolgend, wie ein Paternoster funktioniert.

Bei einem Paternoster sind an zwei Ketten mehrere Kabinen befestigt. Diese Kabinen fahren aufgeteilt in zwei Schächte ständig im Kreis. Während es auf einer Seite nach oben geht, fahren die Kabinen auf der anderen Seite nach unten. Am oberen und unteren Wendepunkt verhindert eine große Scheibe, die eine Seitwärtsbewegung ermöglicht, dass die Kabinen auf die anderen Kette umgesetzt werden. Somit besteht auch keinerlei Gefahr, dass die Fahrt ab einem bestimmten Punkt kopfüber weitergeht.

Seid ihr nun bereit, einmal mit einem Paternoster zu fahren? Gut, denn in Deutschland sind nach wie vor viele der mittlerweile obsoleten Fahrstühle vorhanden.

Verbreitung in Deutschland: Hamburg ist Paternoster-Hauptstadt

Mitte der Dreißiger Jahre gab es in Deutschland rund 679 Paternoster-Aufzüge. Gut die Hälfte davon befand sich in der Hansestadt Hamburg. Dort und in vielen weiteren Städten, wie Köln, Stuttgart, München und Berlin, befinden sich nach wie vor Aufzüge.

Insgesamt gab es 2015 noch insgesamt 231 Paternoster in Deutschland. Seit fünf Jahren ist die Neuinstallation der Personen-Umlaufzüge untersagt, aus durchaus nachvollziehbaren Gründen.

Paternoster Finanzbehörde Gänsemarkt Hamburg
Der Paternoster der Finanzbehörbe am Hamburger Gänsemarkt – Oxfordian Kissuth, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons (edited)

Hamburger galt aufgrund der starken Verbreitung von Paternoster-Aufzüge als die Paternoster-Hauptstadt Deutschlands. Kein Wundern, denn der erste Paternoster auf dem Kontinent wurde 1885 in Hamburg eingeweiht.

Heutzutage gibt es noch ungefähr 30 aktive Paternoster-Aufzüge in Hamburg. Viele von ihnen befinden sich in Bürogebäuden oder städtischen Ämtern und leider, leider sind nur noch wenige heutzutage für das breite Publikum zugänglich.

Hier findet ihr eine Liste der Paternoster-Aufzüge in Hamburg (Stand Oktober 2020).

Achtung: Die Angaben zu öffentlich / nicht öffentlich sind mit Vorsicht zu betrachten. Man findet online viele gegensätzliche Informationen. Dementsprechend übernehme ich keine Gewähr für die Richtigkeit der Infos.

Öffentlich zugängliche Paternoster in Hamburg:

  • Bezirksamt Eimsbüttel (2 Stück über 12 Stockwerke mit 22 Kabinen. Adresse: Grindelberg 62 und 66)
  • Bezirksamt Hamburg-Nord / Eppendorf (4 Stockwerke / 8 Kabinen. Adresse: Kümmellstr. 7)
  • Paulsenhaus (1951, 6 Stockwerke / 14 Kabinen. Adresse: Neuer Wall 72)
  • Laeisz-Hof (1950, 5 Stockwerke / 12 Kabinen. Adresse: Trostbrücke 1)
  • Ziviljustizgebäude (1966. Adresse: Sievekingsplatz)
  • Bieberhaus (Finanzamt Hamburg-Mitte) (1965, 7 Stockwerke, 14 Kabinen. Adresse: Hachmannplatz 2 in St. Georg)
  • Rossterminal (1958, 7 Stockwerke. Adresse: Rossweg 20)
  • Sprinkenhof (Für Besucher des Hauses. Adresse: Burchardstraße 14)
  • Procom-Haus (Für Besucher des Hauses. Adresse: Rathausstr. 7)
  • Schauenburger Hof (Für Besucher des Hauses. Adresse: Schauenburger Straße 27)
  • Signal Iduna Gruppe (Für Besucher des Hauses. Adresse: Neue Rabenstraße 15)

Eventuell öffentlich zugängliche Paternoster in Hamburg:

  • Finanzbehörde (2 Stück, 16 Kabinen. Adresse: Gänsemarkt 2. Laut einigen Infos nur für eingewiesene Personen)
  • Finanzamt Harburg (1955, 5 Stockwerke. Adresse: Harburger Ring 40. Hierzu gibt es gegensätzliche Informationen)
  • Slomanhaus (1920, 6 Stockwerke, 14 Kabinen. Adresse: Steinhöft 11/17, Eingang Steinhöft nutzen, nicht Baumwall. Hierzu gibt es gegensätzliche Informationen)
  • HWWA (Weltwirtschaftsarchiv) und ZBW (Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften) (1937, 7 Stockwerke. Adresse: Neuer Jungfernstieg 21. Laut einigen Infos außer Betrieb seit 2015)
  • Columbia-Haus (Adresse: Deichstraße 29)
  • Vollers (Adresse: Rossweg 20)
  • Flüggerhaus (Adresse: Rödingsmarkt 19)

Nicht öffentlich zugängliche Paternoster in Hamburg:

  • Behörde für Inneres und Sport (Johanniswall 4, nur für Mitarbeiter)
  • Axel-Springer-Haus (3 ×, nur für Mitarbeiter, der höchste Paternoster in Hamburg (13 Etagen))
  • Hochbahnhaus (Steinstraße 20, nur für Mitarbeiter)
  • Landgericht am Sievekingsplatz (Grundbuchhalle im Ziviljustizgebäude, außer Betrieb aber noch zu besichtigen)
  • Staatsanwaltschaft Hamburg (Kaiser-Wilhelm-Straße 100)
  • Levantehaus (Mönckebergstraße 7, die 2 funktionstüchtigen Paternosteraufzüge wurden in beleuchtete Schaukästen mit Werbung verwandelt)
  • Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (Stadthausbrücke 8) außer Betrieb seit 2013
  • Hapag-Lloyd-Gebäude (Ballindamm, Ferdinandstr. 56, nur für Mitarbeiter)
  • Phoenix AG Harburg – Teil der Continental Contitech AG (Hannoversche Straße 88, nur für Mitarbeiter) seit März 2015 außer Betrieb
  • Beiersdorf AG (Unnastraße 48, nur für Mitarbeiter)
  • Deutsche Bahn AG, Museumstraße 39 (alte Bundesbahndirektion Altona, nur Mitarbeiter und angemeldete Besucher)
  • Commerzbank AG (Ness 7–9, nur für Mitarbeiter)
  • Kaufhof, Mönckebergstraße 3 (nur für Mitarbeiter)
  • Finanzamt Hamburg-Oberalster (Bieber-Haus, Heidi-Kabel-Platz 2, außer Betrieb)

Warum dürfen in Deutschland keine Paternoster mehr gebaut werden?

In erster Linie wurde der Bau von Paternostern in Deutschland untersagt, da die Fahrt für Personen mit Bewegungseinschränkungen nicht möglich ist. Zudem kam es immer wieder zu teils schweren Unfällen bei den Fahrten mit dem nostalgischen Fahrstuhl.

2015 beschloss die Bundesregierung, Paternoster komplett zu verbieten. Nach einigen Protesten vieler Nostalgiker, wurde der Beschluss gekippt, sodass bestehende Anlagen weiterhin genutzt werden durften.

Wer von euch also einmal erleben will, wie es sich anfühlt in einem Paternoster befördert zu werden, hat somit glücklicherweise nach wie vor die Chance dazu.

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