Wundersame Welten an der Görlitzer Straße: Die Kunsthofpassagen Dresden
Wenn es regnet in Dresden, dann entfaltet sich an der Görlitzer Straße ein besonderes Schauspiel. Erst langsam, dann immer schneller tropft das Regenwasser in das oberste eines Gewirrs aus Rohren entlang einer Fassade in leuchtenden Blautönen. Mal geht es steil vertikal nach unten, dann sind es beinahe waagerechte Passagen oder das Wasser beschreibt einen wagemutigen Salto, als sei es Gast in einem Vergnügungspark für Regentropfen. Das Ganze ist Teil eines architektonischen Kunstprojekts, das 1997 ins Leben gerufen wurde und das sich heute über eine Reihe von Innenhöfen erstreckt, die einst ein weitestgehend unbeachtetes Dasein im Stadtteil Äußere Neustadt fristeten – und die heute zu einer weiteren Attraktion der sächsischen Hauptstadt geworden sind.
Inspirierende Erlebnisse in der Äußeren Neustadt
Die Äußere Neustadt ist entstanden, weil sich Dresden im ausgehenden Mittelalter so weit entwickelt hatte, dass es mehr Platz brauchte und diesen außerhalb der ursprünglichen Stadtbefestigung fand. Heute ist der Stadtteil das, was man gemeinhin als Szeneviertel bezeichnet. Das heißt, es gibt hier eine Reihe von Cafés und Kneipen und genug alternativen Geist, um etwas befreiter und progressiver zu wirken als andere Teile der Stadt. Hier fand sich die richtige Mischung aus Kreativität und altem Baubestand, die das Projekt der Kunsthofpassagen möglich gemacht hat.
Jeder der fünf Innenhöfe hat ein eigenes Thema und eine dazu passende Gestaltung erhalten. Als Besucher wandelt man also durch Themenwelten, von einer in die nächste und wieder zurück und bei jedem neuen Blick an die Fassaden lässt sich ein neues Detail entdecken. Die Künstler, die sich die einzelnen Höfe vorgeknöpft haben, haben erkennbar viel Fantasie an den Tag gelegt und sich darum bemüht, Einzigartiges zu schaffen.
Fantasiereise durch Innenhöfe
Innenhöfe sind aus architektonischer Sicht eigentlich keine Flächen, auf denen man sich mit größtmöglicher Kreativität auslebt. Vielleicht wirkt die Kunsthofpassage gerade deswegen so faszinierend, weil sie Zweckbauten ihrer Bedeutung entreißt und sie völlig ohne erkennbaren Grund zu etwas anderem macht.
So wie im ersten Hof, dem Hof der Tiere. Die Balkone, eigentlich im zweckmäßigen Stil gehalten, sind mit Weidengeflecht verkleidet worden, so dass die Giraffe und die Herde fröhlicher Affen, die über die Fassade turnen, sich wie zuhause fühlen können. Der Hof der Elemente, in dem die Regentropfen ihren wilden Tanz aufführen, hat neben der blauen auch eine gelbe Seite, auf der reflektierende Bleche aus Alu das Licht brechen, es zurückwerfen und vervielfältigen. Im Hof des Lichts dagegen sind es Metallspiegel, die mit dem einfallenden Licht arbeiten und farbige Spektren an die Fassaden und auf den Boden malen. Das sorgt für manch einen surrealen Anblick und ist damit eine gute Vorbereitung auf den Hof der Metamorphosen.
Für den normalen Betrachter erschließt sich das künstlerische Ziel des Schaffenden – laut den Kunsthof-Organisatoren geht es um „harmonisierende Ästhetik durch kontrastintensive Gegensätzlichkeit“ – hier vielleicht am wenigsten, was einerseits an der etwas bemühten Beschreibung liegen mag und andererseits vielleicht an der Tatsache, dass die Papiere und Stelen aus Stahl erst im Dunkeln richtig wirken. Dann sorgen die beleuchteten Glasfaserbündel an den Stelen für eine ansprechende Illumination, die zusammen mit den Rankpflanzen eine beinahe exotische Atmosphäre schaffen. Und schließlich ist da noch der Hof der Fabelwesen, in dem die Mosaiken, aus denen die Wesen an der Wand gefertigt sind, wegen ihrer kunstvollen Fliesen einen genaueren Blick lohnen.
In jedem Fall sind die Dresdner Kunsthofpassagen einen Abstecher wert, schon gerade aus dem Grund, dass sie einen reizvollen farbigen Kontrast zu den berühmten historischen Sehenswürdigkeiten Dresdens darstellen.
Adresse
Görlitzer Str. 21-25, 01099 Dresden