Von der Hansestadt Stralsund geht eine Brücke direkt auf Deutschlands größte und wohl bekannteste Insel. Die Ostseeinsel Rügen ist bekannt für ihre traumhaften Sandstrände, die pulsierenden Seebäder, verträumte Fischerdörfer und die weltberühmten Aussichtspunkte. Schon Caspar David Friedrich war von den Kreidefelsen der Insel verzaubert. Doch eines passt so ganz und gar nicht in das Ostseeidyll. Ein kühles, mächtiges Bauwerk aus Beton erstreckt sich im Osten der Insel am Strand von Binz nach Sassnitz entlang. Seit seiner Entstehung verstört und begeistert die Prora gleichermaßen die Menschen.
Urlaub nach Art der Nationalsozialisten
Im Osten der Insel Rügen liegt die weitläufige Meeresbucht Prorer Wiek. Genau hier wurde am 2. Mai 1926 der Grundstein für eine Ferienanlage gelegt. Die Prora ist ein Manifest des Größenwahns der Nationalsozialisten und erhebt sich rund 150 Meter vom Strand entfernt. Der „Koloss von Rügen“ sollte deutschen Arbeitern günstigen Urlaub ermöglichen. Zuständig für den Bau zeichnete sich die NS-Organisation „Kraft durch Freude“.
Geplant waren einst 10.000 Zimmer. Jeder der fertiggestellten Räume war sehr einfach gehalten, doch jedes einzelne Zimmer hatte Meerblick. Dies wurde durch die lang gezogene Bauweise bewerkstelligt. Die Prora sollte sich immerhin über eine Länge von rund 4,5 Kilometern erstrecken. Die Zimmer sind über 6 Stockwerke verteilt und liegen in acht Blöcken, die jeweils 550 Meter lang sind. Die sanitären Bereiche waren in den Treppenhäusern untergebracht. 200.000 Menschen sollten hier gleichzeitig Urlaub machen können.
Die Prora wird teils zerstört
Dieses Vorhaben wurde jedoch jäh durch den Beginn des Zweiten Weltkriegs verhindert. So wurde der teilweise fertige Bau zur Ausbildungsstätte für die Luftwaffe und ein Polizeibataillon. Später wurden die Gebäude zu Lazarett und Flüchtlingsherberge. Ein Teil der Anlage wurde 1945 zerstört. Nach dem Krieg wurde die Prora von den Russen genutzt, bevor die Nationale Volksarmee der DDR die Anlage übernahm.
Jahrzehntelang bleibt das Gebiet Sperrgebiet. In den 1980ern wird es erstmals wie geplant verwendet. Die Prora wird als Erholungsheim, Ferienort und Kinderferienanlage für Angehörige der NVA genutzt. Nach der Wende zieht die Bundeswehr ein. Seit 1993 ist die Region wieder der Öffentlichkeit zugänglich. Seit 1994 steht die Prora unter Denkmalschutz.
Ein Gebäude erwacht zum Leben
Lange Zeit wurde die Anlage sehr unterschiedlich genutzt. In den letzten Jahren allerdings erwacht die ehemalige Ruine zum Leben. Seit dem Jahr 2000 existiert das Dokumentationszentrum Prora. Die Dauerausstellung „MACHTUrlaub – Das KdF-Seebad Rügen und die deutsche Volksgemeinschaft“ bringt Interessierten die Geschichte der Anlage näher.
Ab dem Jahr 2004 wurden immer wieder einzelne Blöcke der Anlage veräußert. Es entsteht die längste Jugendherberge der Welt. Ein großes Freizeitgelände und ein Zeltplatz direkt hinter den Dünen bieten Jugendlichen heute alles für ausgelassenen Strandurlaub. Die Herberge verfügt über 100 Zimmer mit 400 Betten und liegt am Nordende der Prora. Abenteuerlustige können sich im Kletterwald austoben.
Modernes Ferienzentrum mit Meerblick
Auch die restlichen Blöcke erstrahlen heute teilweise in völlig neuem Licht. Es entstehen laufend Eigentums- und Ferienwohnungen. Auch ein Hotel ist hier heute zu finden. Durch die Vorgaben des Denkmalschutzes ist es für Architekten keineswegs ein einfaches Unterfangen aus dem ehemaligen NS-Bau gemütliche Wohnanlagen zu schaffen.
Gleich in der Nachbarschaft befindet sich das Naturerbe-Zentrum. Es bildet einen hervorragenden Gegenpol zum neuen und modernen Ferienzentrum Prora. Ein Baumwipfelpfad lässt in einer Höhe von 40 Metern einen wunderbaren Ausblick über die Prora, den Strand und das Meer genießen. Die Galileo-Wissenwelt informiert zu den Themen Biologie und Technik. Auf dem Gelände der Jugendherberge liegt ein Naturlehrpfad des Naturschutzbundes. Hier werden Küstenschutz, Strand, Küstendynamik und Verschmutzung der Meere thematisiert.
Rügens Traumstrand
Dennoch bleiben die Meinungen zum Koloss von Rügen bis zum heutigen Tag gespalten. Die Prora polarisiert wie kaum ein anderes Bauwerk. Doch ganz egal welche Meinung man zur Prora hat, in einem Punkt sind sich alle Besucher einig: Die größte Attraktion ist der kilometerlange feine, helle Sandstrand. Er ist alljährlich Ziel von Wasserratten, FKK-Freunden und Hundehaltern, die Sonne, Sand und Meer lieben.
Adresse
18609 Binz, Rügen