Schrotkugeln gießen: Wer hat sich über dieses alte Handwerk schon jemals Gedanken gemacht? In Berlin kann dem nachgespürt werden, denn mitten in einem Wohngebiet steht ein alter Schrotkugelturm.
Kugeln für Schrotflinten
Wer die knapp 200 Stufen bis zum obersten Plateau des Turmes emporgestiegen ist, hat nicht nur einen wundervollen Blick über den Kiez Victoriastadt, sondern kann sich auch vorstellen wie die Arbeiter von 1908 bis zu Beginn des Zweiten Weltkrieges hier Blei im Schmelzofen schmolzen.
Das flüssige Blei wurde dann durch ein Sieb gegossen und bildete Tropfen, die sich im Fall den Turm hinab zu makellosen Kügelchen formten: ohne Naht und Dellen, denn unten angekommen glitten die Schrotkugeln sanft in einen Wasserbehälter ein und kühlten im Wasserbad ab bis sie fest genug geworden waren, um mit einem Stangensieb herausgeholt zu werden. Somit bildeten sie dann bestes Futter für Schrotflinten, wie wir sie aus Westernfilmen kennen.
Und noch mehr Besonderheiten
Optisch mutet der Turm in der Gegend jedoch ein wenig fremdländisch an; er könnte auch in Italien stehen, denn er weist das Aussehen oberitalienischer Geschlechtertürmer auf. Besonders ist außerdem, dass die Bleigießer Arbeit und Leben direkt miteinander verbinden konnten. Ein Wohnhaus ist baulich mit dem Schrotturm verbunden.
Zu DDR-Zeiten wurde der Turm wieder produktiv genutzt. Schüler stellten hier im Fach „Produktive Arbeit“ Kilometerzähler für Fahrräder her.
Besichtigung
Heute kann der Berliner Schrotkugelturm im Rahmen der Langen Nacht der Museen und des Tags des Offenen Denkmals besichtig werden. Das Büro für Industriekultur bietet Führungen an.
Adresse: Wo steht der Schrotkugelturm?
Der Turm sthet in der Nöldnerstraße 16 in 10317 Berlin. Vom Bahnhof Rummelburg aus kann man ihn besonders gut sehen.