StartRheinland-PfalzWormsDer Jüdische Friedhof „Heiliger Sand“ in Worms

Der Jüdische Friedhof „Heiliger Sand“ in Worms

Ein Tausend Jahre alter Friedhof mit der Ästhetik einer Filmkulisse

Eine Handvoll von Gründen, warum Menschen sich in Autos oder Flugzeuge oder in die Bahn setzen und auf Reisen gehen, hat es schon immer gegeben und wird es wohl auch immer geben. Aber der Trend geht eindeutig in Richtung individuellerer Reiseerlebnisse; ein Ausdruck des Interesses vieler Reisender, etwas wirklich Einzigartiges zu erleben. Hier ist die Rede von einem Friedhof, was zugegebenermaßen kein besonders behaglich erscheinendes Reisehighlight ist. Aber der Eindruck trügt. Schließlich sind Friedhöfe nicht nur Zeitzeugen und historische Stätten im wahrsten Sinne des Wortes, sondern ganz oft auch Orte, an denen auf eine ganz besonders erhabene Weise die Kunst und die Traditionen eines Volkes oder einer Bevölkerungsgruppe zum Ausdruck kommen. Das beste Beispiel dafür findet man in einer mittelgroßen Stadt im Südosten von Rheinland-Pfalz.

Die Geschichte des Friedhofs

Nach Worms, so sagen es zumindest die Wormser, siedelten sich schon rund 600 Jahre vor Christus gläubige Juden an. Vielleicht ist das aber auch übertrieben, gesichert ist das Bestehen einer jüdischen Gemeinde in der Stadt etwa ab dem Jahr 1000. Jedenfalls fanden die Juden es hier am Rhein so schön, dass sie Richtung Jerusalem ausrichten ließen, sie hätten eine Gottesstadt gefunden. Nun liegt es in der Natur des Menschen, dass er nicht nur irgendwo lebt, sondern leider auch irgendwo stirbt und so sah sich die jüdische Bevölkerung von Worms bald gezwungen, einen Friedhof zu errichten, der den Geboten ihres Glaubens entsprach. Man ließ also Sand aus Jerusalem kommen, nannte den Friedhof „Heiliger Sand“ und begann, die Verstorbenen dort zu bestatten.

Jüdischer Friedhof Worms Heiliger Sand
Bild: Frank C. Müller / CC BY-SA
Jüdischer Friedhof Worms Heiliger Sand
Bild: Frank C. Müller / CC BY-SA

Wann genau dieser Friedhof angelegt wurde, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Der älteste Grabstein jedenfalls stammt aus dem Jahr 1058 und das zumindest dies bekannt ist, ist aus zwei Gründen interessant. Einerseits, weil diese ältesten Steine dort heute noch zu finden sind, was den Heiligen Sand zum ältesten jüdischen Friedhof in Europa macht. Und andererseits, weil die jüdische Kultur im Laufe der Jahrhunderte immer wieder bedroht wurde, der Wormser Friedhof aber sogar die Nazi-Zeit einigermaßen unbeschadet überstehen konnte.

Der Friedhof heute

Wer heute über den Friedhof geht, der wird von einer ganz besonderen Atmosphäre umgeben. Es ist nicht nur die andachtsvolle Stile eines Friedhofs, die diese Stimmung erschafft, sondern es ist eben auch der Gedanke an die furchtbaren Kapitel in der langen Geschichte der Juden in Europa, der sich hier unweigerlich in den Kopf drängt. Der Heilige Sand weist keine erkennbare landschaftsgärtnerische Struktur auf und auch sehenswerten Grabschmuck sucht man vergeblich.

Jüdischer Friedhof Worms Heiliger Sand
Bild: Frank C. Müller / CC BY-SA
Jüdischer Friedhof Worms Heiliger Sand
Bild: Frank C. Müller / CC BY-SA
Jüdischer Friedhof Worms Heiliger Sand
Bild: dé.wé, CC BY-SA

Die Tatsache aber, dass hier 800, 900 oder 1000 Jahre alte Gräber liegen, die nach jüdischem Brauch auf ewig erhalten bleiben, kreiert für den Besucher eine gewisse Nachdenklichkeit und eine kaum greifbare Ästhetik. Die Grabstätten von Rabbinern und anderen wichtigen Persönlichkeiten liegen auf diesem Friedhof und irgendwie fühlt man automatisch, dass das unebene Gelände mit den alten, markanten Bäumen für die Verstorbenen genau den richtigen, würdevollen Rahmen bildet. Ein Spaziergang über den Friedhof Heiliger Sand hält für einige Augenblicke den Minutenzeiger fest und ermöglicht einen Blick auf die jüdische Geschichte, wie er in dieser Form in Deutschland nur sehr selten möglich ist.

Öffnungszeiten und Eintrittspreise

Die Öffnungszeiten des Friedhofs:

  • Oktober bis März: Sonntag bis Freitag von 8 Uhr bis 16:30 Uhr
  • April bis September: Sonntag bis Freitag von 8 Uhr bis 20 Uhr

An jüdischen Feiertagen und am Samstag geschlossen.

Der Eintritt ist kostenlos.

Adresse

Willy-Brandt-Ring 21, 67547 Worms

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Alles auf eine(r) Karte

Über DxA

Roman Kugge Deutschland mal anders

Herzlich willkommen auf Deutschland mal anders! Mein Name ist Roman und zusammen mit meinem Team stellen wir euch auf dieser Seite die skurrilsten Orte Deutschlands vor.

500+ skurrile Orte